AIDWORKER Security Report - Humanitäre Hilfe bleibt gefährlich

Entführt, verletzt, getötet - 288 Hilfskräfte wurden 2016 Opfer von Gewalt.

AIDWORKER Security Report - Humanitäre Hilfe bleibt gefährlich

09.10.2017

Nach dem aktuellen AIDWORKER Security Report kam es im vergangenen Jahr zu 158 schweren Angriffen auf Hilfseinsätze. Davon waren 288 Einsatzkräfte betroffen: 101 wurden getötet, 98 verletzt und 89 entführt. Der Südsudan ist erneut das gefährlichste Land für Mitarbeiter von Hilfsorganisationen.

Nicht-staatliche bewaffnete Akteure
Die meisten schweren Angriffe auf Einsatzkräfte führen nationale, nicht-staatliche Gruppen aus. Diese bewaffneten Gruppen versuchen, die staatliche Gewalt an sich zu bringen. Angriffe auf Hilfseinsätze sollen die Regierung zu untergraben sowie Bevölkerungsteile und Regionen für sich einzunehmen.
Bewaffnete internationale Gruppen wie der Islamische Staat und Al-Qaida sind für eine kleinere Anzahl von Angriffen aber für eine höhere Anzahl von Todesopfern verantwortlich. Ihre Angriffe haben eine stärkere Tötungsabsicht und richten sich oft gezielt gegen internationale Hilfskräfte.

Nicht-staatliche bewaffnete Gruppen sehen Hilfsorganisationen einerseits oft als potenzielle Bedrohung ihrer Autorität, andererseits aber auch als nützliches Stellvertreter-Ziel. Manchmal haben diese Gruppen Interesse daran, Hilfsorganisationen sicheren Zugang zu ihren Gebieten zu gewähren, wenn sie versuchen, Bereiche zu verwalten und öffentliche Versorgung aufzubauen.

Staatliche Akteure
An der größten Zahl der getöteten Hilfskräfte sind jedoch Staaten verantwortlich. 2015 und 2016 wurden jeweils 54 Einsatzkräfte durch staatliche Akteure getötet. Hauptursachen dafür waren die Luftangriffe Russlands und der USA in Syrien und Afghanistan sowie ein Anstieg der staatlich unterstützten Gewalt im Südsudan.

Die gefährlichsten Länder
Zum zweiten Jahr in Folge gab es im Südsudan 2016 die meisten Angriffe auf Hilfskräfte, gefolgt von Afghanistan, Syrien, der Demokratischen Republik Kongo, Somalia und dem Jemen. Die Gewalt im Sudan forderte die meisten Opfer und auch die meisten Toten unter den Einsatzkräften. Häufig kommt es dort zu Übergriffen mit Kleinwaffen. In Syrien, Afghanistan und im Jemen wurden viele Einsatzkräfte durch Luftangriffe getötet. In diesen Ländern wurden in den letzten drei Jahren auch besonders viele medizinische Einrichtungen und Hilfskonvois angegriffen. In Afghanistan blieb Kidnapping die häufigste Form von Gewalt, selten mit tödlichem Ausgang.

Nationale und internationale Opfer
Die meisten Betroffenen von schweren Angriffen sind Hilfskräfte aus dem eigenen Land. 245 Ortskräfte und 43 internationale Helfer waren Opfer schwerer Attacken. 755.000 nationalen Helfern stehen nur 84.000 internationale Helfer gegenüber. Ihr relatives Risiko angegriffen zu werden, liegt demnach dennoch deutlich höher. Die größte Anzahl von Übergriffen bleibt ungeklärt und unbestraft. Häufig sind Einsatzkräfte Stellvertreter-Ziele: Angriffe auf Hilfsoperationen sind eine Möglichkeit, die bestehende Ordnung zu destabilisieren und die Bevölkerung zu bestrafen oder zu erpressen.

Auswertung von 2011 bis 2016
Von 1.083 Fällen von 2011 bis 2016 waren 27 Prozent der Übergriffe auf Einsatzkräfte politisch motiviert, 22 Prozent waren zufällig (zur falschen Zeit am falschen Ort), 14 Prozent waren wirtschaftlich motiviert und 37 Prozent konnten nicht zugeordnet werden. 57 Prozent der Angriffe geschahen durch nationale bewaffnete Gruppen, 27 Prozent durch stattliche Akteure und 7 Prozent durch internationale bewaffnete Gruppen. Verantwortlich für die meisten großen Angriffe auf Hilfskräfte waren die Taliban, Al Shabaab, der Islamisch Staat (IS) und Al-Qaida.

Humanitäre Hilfe im Krieg zu leisten war und bleibt gefährlich – auch mit der besten Achtsamkeit und durch vorbeugende Maßnahmen lässt sich das Risiko von Gewalt nicht auf null reduzieren. Hilfsorganisationen können ihre Risiken allerdings senken, wenn sie die bewaffneten Akteure verstehen lernen. Was wollen sie? Wie verhalten sie sich und wie nehmen sie die humanitären Helfer wahr? Häufig sehen sie keine Helfer, sondern Spione oder Profiteure in den Einsatzkräften.

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